WIL24.CH – Vollzugsanstalt Hindelbank feiert Jubiläum – Strafvollzug – Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat am Freitag in Hindelbank BE an das "dunkle und lange Kapitel" der administrativen Versorgungen erinnert. Anlass bildete ein Festakt im einzigen Frauengefängnis der Deutschschweiz.
Textausschnitte: Braune und blaue Kleider – Die sogenannten administrativen Versorgungen gab es bis 1981. Keller-Sutter sprach von einem "langen und dunklen Kapitel der Schweizer Sozialgeschichte". Jahrzehntelang lebten administrativ versorgte Frauen und Mädchen Seite an Seite mit verurteilten Straftäterinnen. Die administrativ Versorgten trugen braune, die straffälligen Frauen blaue Arbeitskleidung. Keller-Sutter erinnerte an das Schicksal von Ursula Biondi, die in den 1960er-Jahren in Hindelbank eingewiesen worden war, weil sie als Minderjährige schwanger wurde und ihr Kind behalten wollte. Biondi hatte sich jahrelang dafür eingesetzt, dass die offizielle Schweiz das erlittene Unrecht der administrativ Versorgten anerkennt.
Im September 2010 besuchte die damalige Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf die Justizvollzugsanstalt Hindelbank. Sie bat die Betroffenen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen im Namen des Bundes um Entschuldigung. 

Ausstellung: «Ausstellung-Hindelbank»
Hindelbank beleuchtet anhand der bis 1981 praktizierten administrativen Versorgung auch einen dunklen Aspekt der Schweizer Geschichte. Er stellt uns vor die Frage, wie spätere Generationen unser heutiges Handeln beurteilen werden.

Textausschnitt von Katrin Rieder aus dem Buch «Hindelbank», S. 281
"Mehr als 30 Jahre nach ihrem Zwangsaufenthalt in der Frauenstrafanstalt Hindelbank nahm Ursula Biondi 2002 mit der damaligen Direktorin Kontakt auf, reiste für ein Gespräch an den Ort ihres Leidens und erhielt Antworten auf ihre vorbereiteten Fragen. Mit der Veröffentlichung ihrer Lebensgeschichte durchbrach sie das Schweigen und forderte eine Ent-Stigmatisierung der Betroffenen, eine Entschuldigung seitens der Behörden sowie eine öffentliche Diskussion über das Unrecht, das ihr und tausenden anderer Behördenopfer angetan worden war. Sie gründete die Anlaufstelle «Administrativ-Versorgte vor 1981», wurde Projektleiterin, Betroffenenbegleiterin und später Präsidentin des Vereins RAVIA (Rehabilitierung der administrativ Versorgten). Später wirkte sie an dem von Bundesrätin Simonetta Sommaruga eingerichteten «Runden Tisch» mit, wurde Mitglied der «Parlamentarischen Gruppe Fürsorgerische Zwangsmassnahme» wie auch des Komitees der Wiedergutmachungsinitiative. Ursula Müller-Biondi liess sich nicht unterkriegen. Für ihr Engagement wurde ihr 2013 von der Universität Freiburg die Ehrendoktorinnenwürde verliehen. «Man kann das Erlebte nicht ungeschehen machen – aber man kann dafür sorgen, dass es sich nicht wiederholt», so lautet das Motto, unter dem sie weiterkämpft: für Gerechtigkeit und gegen das Vergessen."

Journal B – Vom Herrschaftssitz zum Frauenknast – 300 Jahre Schloss, 125 Jahre Gefängnis: ein Anlass, genauer hinzuschauen. Die Ausstellung verteilt sich über zehn Räume auf zwei Stockwerken, verbunden durch eine elegant geschwungene Treppe, die Gelegenheit bietet, einmal entlang eines vergoldeten schmiedeeisernen Geländers zu wandeln. Beim genaueren Hinschauen begegnet man neben vielen Namenlosen, die hier eingesperrt worden sind, immer wieder auch Persönlichkeiten, die in die Zeitgeschichte eingegangen sind: von den Schriftstellerinnen Margarethe Hardegger und Mariella Mehr bis zu Claudia Bislin, die wegen Sprengstoff- und Waffenbesitzes als Terroristin galt oder Ursula Müller-Biondi, die als unehelich schwangere Achtzehnjährige in Hindelbank administrativ versorgt wurde und die in den letzten zwanzig Jahren entscheidend dazu beigetragen hat, dass die ernsthafte Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen in diesem Land in Gang gekommen ist. 

LUZERNERZEITUNG.CHFrauenleben hinter Gittern – In Hindelbank steht das einzige Frauengefängnis der Deutschschweiz. Und dies seit 125 Jahren. – Ursula Biondi wurde Mitte der 1960 er-Jahre ins Frauengefängnis gebracht. Sie war damals 17Jahre alt und hatte nichts verbrochen. Selber noch minderjährig, war sie im fünften Monat schwanger. Das reichte den Behörden, um «erzieherische Massnahmen» anzuordnen und sie «zum Schutz des ungeborenen Kindes» in eine geschlossene Erziehungsanstalt einzuweisen… Was Ursula Biondi widerfuhr, war keine Ausnahme. Tausende Menschen sassen bis 1981 als administrativ Versorgte unschuldig im Gefängnis. Etwa weil ihre Lebensentwürfe gegen die damaligen bürgerlichen Moralvorstellungen verstiessen… Dieses dunkle Kapitel der Schweizer Geschichte legt den Grundstein der Anstalt in Hindelbank.

BERNERZEITUNG.CHBuch zum Frauengefängnis Hindelbank – «Es war himmeltraurig, in diesem Schloss zu wohnen» – Porträts von Frauen – Unter ihnen ist Ursula Biondi, die 1967 im Alter von 18 Jahren nach Hindelbank gebracht wird… Über dreissig Jahre später veröffentlicht Ursula Biondi ihre Erlebnisse und bricht so das Schweigen über die administrative Versorgung in der Schweiz.

RTR.CH – Telesguard: «Emblidads da la fortuna»

émissions Paraboliques – Le magazine des Églises: sur le site de Canal 3: Survivante d’un cauchemar – Pendant des années, il a été difficile pour Ursula Biondi de parler de son passé. «Quand on dit avoir été emprisonné, on est catalogué. Peu importent les circonstances.»

Interview: UNIFR – Im Rahmen der Vorlesung «Verdingkinder – Die Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen in einer interdisziplinären Perspektive» wird Frau Dr. h.c. Ursula Biondi als Zeitzeugin zu Gast sein. Sie wird berichten, warum sie als Minderjährige in Hindelbank versorgt wurde und wie sich ihr Leben danach entwickelte.

Schweizer Revue für Auslandschweizer – Als die Schweiz Arme und Unangepasste wegsperrte – Behörden in der ganzen Schweiz wiesen bis 1981 Zehntausende Männer und Frauen ohne Gerichtsverfahren in Anstalten ein. Eine Expertenkommission hat jetzt die «administrativen Versorgungen» aufgearbeitet. Die Erkenntnisse kratzen am Selbstbild des Landes.

Referat: Seminarbesuch UNI Luzern – Gastreferentin Dr. h.c. Ursula Biondi – Zeitzeugin - Administrative Versorgung und fürsorgerische Zwangsmassnahmen

Veranstaltung: Tramelan Kt. Bern – Le CIP (Centre interrégional de perfectionnement) Internements administratifs, destins imposés : Conférence de Dr. h.c. Ursula Biondi, ancienne Présidente de l'Association RAVIA (réhabilitation des ex-internés administratifs

Süddeutsche Zeitung – Trauma-Fürsorge Bis 1981 wurden in der Schweiz Menschen weggesperrt, die der Gesellschaftsnorm nicht entsprachen. Jetzt wird das Unrecht aufgearbeitet.
Textausschnitt: Was Ursula Biondi Ende der Sechzigerjahre erlitten hat, trägt einen irreführend harmlosen Namen: „administrative Versorgung“. Geschätzt 60 000 Menschen wurden in der Schweiz im Lauf des 20. Jahrhunderts „versorgt“ – also auf Geheiß von Kantonsbehörden eingesperrt, ohne Anhörung, ohne Gerichtsurteil. Die Betroffenen galten als „arbeitsscheu“, „trunksüchtig“ oder passten auf andere Weise nicht in das rigide gesellschaftliche System. Sie sollten in Heimen und Anstalten umerzogen und zur Vernunft gebracht werden. Tatsache ist, dass sie dort psychische und physische Misshandlungen erlitten, zu Abtreibungen oder dem Weggeben ihre Kinder gezwungen, manche zwangssterilisiert wurden.

Diskussion: MAXIM Theater «Opfer wollen keine Opfer mehr sein» – Die Anerkennung des Status als Opfer und als Geschädigte*r ist im Rechtsstaat elementar, als Grundlage des Strafrechts wie auch des Zivil- und Haftungsrechts. Dennoch gibt es immer wieder Opfer und Opfergruppen, deren Leiden und Schäden lange nicht anerkannt werden, die nicht entschädigt werden und deren soziale Lage prekär ist, während die Täter*innen komfortabel leben und straffrei bleiben. Um zu ihrem Recht zu kommen, wollen und müssen die in ihren Rechten und in ihrer Integrität Verletzten aus dem Status als hilflose Opfer heraustreten können. Dabei brauchen sie Empathie, Unterstützung und Solidarität. - Open Forum mit Laura Huonker, Regisseurin, Kantonsrätin; Sadou Bah, ASZ; Dr. h.c. Ursula Biondi, ehemaliges Behördenopfer; Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsleiter für bedrohte Völker; Monika Wicki, Schweiz. Friedensrat. MAXIM Theater - Ausstellungsstrasse 100, 8005 Zürich

FAZ.NETDie dunkle Vergangenheit der Schweiz – Noch bis 1981 sperrten Behörden in der Schweiz Personen ein, wenn sie als „moralisch verwahrlost“ galten, also vermeintlich der Norm nicht entsprachen. Jetzt geht es um Wiedergutmachung.

TAGESANZEIGER.CH – Das Unrecht ist noch nah: Bis vor wenigen Jahren sperrte der Staat Unschuldige ein. Nun muss er sie entschädigen und die Lehren daraus ziehen. Es waren einige mutige Pioniere, denen wir die Aufarbeitung der Geschichte verdanken. Leute wie der Unternehmer Guido Fluri oder die Zeitzeugin Ursula Müller-Biondi, die an die Öffentlichkeit gingen und dafür kämpften, dass das bis in die Achtzigerjahre praktizierte Weg­sperren Unschuldiger aufgearbeitet wird und die Opfer entschädigt werden. Bis vor wenigen Jahren hat kaum jemand darüber gesprochen. Betroffene sind auf beispiellose Weise vom Staat misshandelt worden.