Kindheit

Beatrice wurde gleich nach der Geburt von ihrer Mutter weggegeben, womit ihr tragischer Lebensweg begann. Nach einigen Monaten im Kinderheim kam sie zur Schwester ihrer zukünftigen Pflegemutter. Als sie zwei Jahre alt war, holten sie die Pflegeeltern zu sich ins Bündnerhochland. Mit sechs Jahren stellte ihr Pflegevater ein Gesuch, um Beatrice seinen Familiennamen zu geben, was auch von den Behörden genehmigt wurde. Sie war oft ein schwieriges Kind, das sich eigentlich besser mit Tieren verstand als mit Menschen. Ihr Pflegevater war ein strenger Mann und Beatrice fühlte immer wieder, dass er ihr nicht wohlgesinnt war. Sie musste sehr schwer arbeiten, hatte kaum Zeit, um sich mit Gschpänli zu vergnügen. Die Mutter war eine gütige Frau, doch auch sie stand unter der Fuchtel des Vaters. Beatrice eckte immer wieder und überall an wegen ihrer anderen Denk- und Wesensart.

Sie wurde von Bekannten und Verwandten schon als kleines Mädchen aus dem Dorf arg sexuell missbraucht und sie glaubt heute noch, dass ihr Vater darüber Bescheid wusste; doch bei wem schon hätte sie sich beschweren wollen, ihr hätte doch sowieso niemand geglaubt. Schliesslich wurde sie für ein Jahr nach Basel ins Katharinenheim gebracht, danach noch in den Verenahof. Ihr Vater holte sie dann nach Hause, damit sie auf dem Hof zu arbeitete, und die Probleme gingen weiter. Man nannte sie den «schwarzen Teufel».

Am 24. Dezember kam der Vater nach Hause und sagte ihr, dass er sie des Hauses verweise. Daraufhin ging sie sich warm anziehen und lief Richtung Brigels, bei einem Mauervorsprung kauerte sie sich hin und horchte wie Weihnachten gefeiert wurde. Am andern Morgen schlich sie sich zu ihrer Mutter, die weinte und entschuldigte sich und sagte «sie könne auch nichts tun, ihre Hände seien gebunden».

In Hindelbank versorgt

Im März 1963 verstarb die Mutter von Beatrice und ihr Vater sagte: «So lange ich noch etwas zu sagen habe, werde ich dafür sorgen, dass du versorgt wirst»; so kam es dann auch. Sie wurde in die psychiatrische Klinik «Beverin» gebracht, wo sie einige Monate zur Begutachtung verbringen musste. Ihr Vater ordnete an, dass man Beatrice seinen Familiennamen wieder aberkannte. Sie wusste erst da, dass sie nicht diejenige war, die sie immer geglaubt hatte; sie erhielt eine Vormundin, die dann auch entschied, dass Beatrice nach Hindelbank versorgt wurde. Sie wurde mit der Polizei, zusammen mit dieser Vormundin, ins Staatsgefängnis nach Bern überführt und dann am Abend nach Hindelbank. Als sie einen Fluchtversuch machte, verfolgte sie der damalige Direktor Fritz Meyer mit dem Auto und als er sie arretiert hatte, schlug er sie brutal zusammen und ihr Gesicht war total zerschlagen. Zur Strafe kam sie wieder 2 Wochen ins «Cacho». Sie musste 18 Monate unschuldig und ohne irgendwas verbrochen zu haben in Hindelbank verbringen. Noch heute hat sie Albträume aus dieser Zeit, noch heute kann sie nicht verstehen, wie solche Grausamkeiten geschehen konnten. Fritz Meyer sagte bei ihrer Entlassung: «Wenn sie noch einmal kommen, muss ich mir überlegen, ob ich sie nochmals aufnehmen würde», worauf Beatrice entgegnete: «Ich komme bestimmt nie wieder.» Beatrice setzt sich wie alle andern Administrativversorgten heute vehement für eine moralische Wiedergutmachung ein und betont ebenso vehement, dass so etwas nie mehr geschehen dürfe. Sie hat vor Jahren schon im Alleingang versucht, eine Wiedergutmachung zu erhalten, und wandte sich an Frau Ruth Metzler, Frau Ruth Dreifuss, Herrn Koller, welcher antwortete, «da seien die Gemeinden und Kantone zuständig.» Frau Metzler liess ihr einen Zweizeiler zukommen mit dem Inhalt, «damit hätte sie nichts zu tun.» Frau Dreifuss schrieb ihr immerhin noch einen netten Brief. Waren sich die damaligen Behörden wirklich nicht bewusst, was sie uns antaten, indem sie unsere Leben zerstörten?

Hoffen wir: dass die heutigen Verantwortlichen sich zumindest bei uns entschuldigen für die Grausamkeiten ihrer Vorgänger.