Vom Kinderheim zur Gedenkstätte. Das Kinderheim in Mümliswil wurde vom Ehepaar Pauline und Bernhard Jäggi gestiftet. Der Bau stammt vom bekannten Bauhaus-Architekten Hannes Meyer und wurde 1939 eröffnet. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und beherbergt heute die erste nationale Gedenkstätte für Heim- und Verdingkinder.
Seit anfangs 2000: Ursula Biondi’s Kampf für Gerechtigkeit
Öffentliche Entschuldigung: 10. September 2010 im Schloss Hindelbank

WOZ.CH – Verdingkinder: Jetzt wird der Tatbeweis gefordert. Im April hatte sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga bei den Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen – im Volksmund als Verdingkinder bekannt – für das ihnen angetane Unrecht und Leid entschuldigt. Damit ist die Sache aber nicht erledigt. Jetzt steht die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Schweiz an. Am runden Tisch mit VertreterInnen von Politik und Kirche sowie den Delegierten der Opfer wurden letzte Woche weitere Schritte beraten.  – Ursula Müller-Biondi, eines der Opfer, meint bezüglich der Verdingkinder: «Sie wurden um Lohn und Rente betrogen. Es ist gestohlenes Geld, das sie zurückerstattet haben müssen.» Die Opfer wollen keine Almosen und keine Genugtuung. Sie wollen zurück, was ihnen genommen wurde und worauf sie ein Anrecht haben. Da der Raub gross war, kann Gerechtigkeit in diesem Fall teuer werden.

Interview: SWR1 – Leute Night – Moderator Stefan Siller. Zu Gast: Ursula Müller-Biondi Schweizer Behördenopfer

Aargauerzeitung.chEhemalige Verding- und Heimkinder fordern Härtefall-Fonds Einweihung der ersten nationalen Gedenkstätte für Heim- und Verdingkinder in Mümliswil – Konkreter wurde Ursula Biondi, ehemalige «administrativ Versorgte»: Viele ehemals Betroffene haben durch ihre Kindheit ohne Liebe zeitlebens Probleme mit sich. Es geht darum, dass diese Menschen endlich eine finanzielle Rückerstattung bekommen. Wie wäre es beispielsweise mit Mietzuschüssen, Steuererlass oder Rentenerhöhung?» Biondi betonte: «Es geht hier nicht um Almosen. Diese Leute haben gearbeitet und haben nie eine Entschädigung erhalten.»

comitecedif.com«L’État nous a trahi. Si nous ne sommes pas vigilants tout est possible» Combien d’adolescents, de jeunes hommes et jeunes femmes internées administrativement ont préféré se suicider plutôt que de subir de telles violences? Combien de pères et de mères ont souffert le martyr devant l’impuissance à défendre leurs enfants? Combien de frères et de sœurs ont subi la honte et la risée des gens parce que l’un d’entre eux était détenu?

Neue Luzerner Zeitung – Abfindung stösst auf Widerstand. Textausschnitt: Ein Fonds für Härtefälle – Ursula Biondi, Vorstandsmitglied des Vereins Ravia (Rehabilitation der administrativ Versorgten), kämpft für einen Härtefall Fonds. Betroffene, die in Armut lebten, seien zielgerichtet zu unterstützen auch mit therapeutischer Begleitung. Der Staat könne sich damit nicht freikaufen; er könne jedoch ein Zeichen setzen, dass er sein Versagen in der Vergangenheit tatsächlich anerkenne.

INLAND«Kapitel für die Schulbücher» – Verdingkinder, Zwangssterilisierte und andere Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen fordern vom Bund auch eine finanzielle Wiedergutmachung. Das bürgerliche Lager wehrt sich dagegen. Textausschnitte: Ursula Biondi, Vorstandsmitglied des Vereins Ravia (Rehabilitation der administrativ Versorgten), kämpft für einen Härtefall-Fonds. Betroffene, die in Armut lebten, seien zielgerichtet zu unterstützen – auch mit therapeutischer Begleitung. Der Staat könne sich damit nicht freikaufen, er könne jedoch ein Zeichen setzen, dass er sein Versagen in der Vergangenheit tatsächlich anerkenne. Biondi fordert zudem Rückerstattungen. Jugendliche, die zur «Nacherziehung» in Strafanstalten gesperrt wurden, mussten Zwangsarbeit leisten. Meistens mussten ihre Angehörigen dafür sogar noch «Pflegekosten» bezahlen. «Das war für den Staat ein lukratives Geschäft.» Nun müsse er das Geld, welches den Betroffenen gehöre, zurückzahlen.

Tribune de Genève – La Suisse leur demande Pardon : Enfance volée Pendant un siècle, des dizaines de milliers d’enfants ont été internés dans des intitutions ou placés de force dans des familles, corvéables à merci, sans la moindre protection, souvent abusés sexuellement…

BEOBACHTER.CH – Zwangsversorgte: «Ich bitte Sie von ganzem Herzen um Entschuldigung» 
Textausschnitte: Die offizielle Schweiz will mit dem Anlass «einen Beitrag zur Anerkennung der schwierigen Umstände» leisten, in denen diese Menschen aufgewachsen seien, heisst es in der Einladung. Das ist löblich. Doch für Ursula Biondi, 1967 von den Vormundschaftsbehörden als schwangere 17-Jährige ein Jahr lang als «Erziehungsmassnahme» ins Frauengefängnis Hindelbank gesteckt, ist klar: Mit salbungsvollen Reden und belegten Brötchen geben sich die Betroffenen am 11. April nicht zufrieden. «Was es braucht, ist eine offizielle Entschuldigung», sagt sie. Und: «Aufs Tapet kommen muss nun endlich auch die Frage der finanziellen Entschädigung.» Das dunkle Kapitel abschliessen. Ein grosser Teil der Opfer lebt in finanziell prekären Verhältnissen. Selbst jene, die genügend Kraft und Glück gehabt hätten, sich eine Existenz aufzubauen, seien bis heute traumatisiert und innerlich gebrochen, so Biondi. «Entschädigungen machen die Verletzungen, die man uns zugefügt hat, nicht rückgängig», sagt sie. «Aber sie wären ein Zeichen dafür, dass man anerkennt, uns Unrecht angetan zu haben.» 

SCHWEIZERBAUER.CH – Bundesrätin Sommaruga entschuldigt sich bei Verdingkindern. Bis in die 70er-Jahre waren in der Schweiz Waisen und Kinder armer Familien häufig bei Bauern untergebracht worden, wo sie für Kost und Logis hart arbeiten mussten und kaum je ein gutes Wort hörten. Viele dieser ehemaligen Verdingkinder berichten von schweren Misshandlungen, behördlicher Willkür und Behörden, die wegschauten. Oder administrativ Versorgte: «Ich kam mit 17 nach Hindelbank, ohne Gerichtsurteil», berichtete Ursula Biondi als Betroffene. «Mein einziges Vergehen war, dass ich jung war, leidenschaftlich, ich begehrte auf, und ich erwartete ein Baby, ohne verheiratet zu sein. Der Staat wollte mich nacherziehen.» Nach der Entlassung sei an den Versorgten das Stigma haften geblieben, im Gefängnis gewesen zu sein. «Der Staat hat uns mit seiner Willkür schlimme Wunden zugefügt». Wegen des Leides und weil viele der einstigen Versorgten immer wieder aus der Bahn geworfen würden, sei ein Härtefall-Fonds nötig. 

YOUTUBEAnsprache von Ursula Biondi am Gedenkanlass in Bern

TAGBLATT.CHZur «Nacherziehung» weggesperrt – Ursula Biondi wurde für ihre erste Liebe bitter bestraft. 2008 gelangte sie über den «Beobachter» an die Öffentlichkeit, um andere Betroffene ausfindig zu machen. Endlich zeigte sich, dass sie mit ihrem Leid nicht allein war. Biondi gründete eine Anlaufstelle für administrativ Versorgte 1942–1981 und begann zusammen mit anderen Betroffenen für eine offizielle moralische Entschuldigung zu kämpfen. Im September 2010 war es so weit: Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf entschuldigte sich in Hindelbank bei den unzähligen administrativ Versorgten. «Dies war für mich lebenswichtig», sagt Biondi. Seither fühle sie sich innerlich freier. Eine grosse Last sei von ihr abgefallen. Sie engagierte sich weiter für eine gesetzliche Rehabilitierung sowie Anlaufstellen und war 2011 Mitgründerin des Vereins Ravia (Rehabilitierung der administrativ Versorgten).

20MIN.CHOhne Grund im Knast: «Unser Leid müssen wir mit ins Grab nehmen» – Ein neues Gesetz soll «administrativ Versorgte» - Menschen, die bis 1981 ohne Begründung ins Gefängnis gesteckt wurden - rehabilitieren. Dies sei auch für zukünftige Generationen wichtig, sagt eine Betroffene.

World Radio Switzerland«Teen mom 'marked for life' tells story». From 1930 till as recently as 1981, thousands of people were detained in Switzerland without a trial.

TAGESANZEIGER.CH – Zürcher Regierung entschuldigt sich bei «administrativ Versorgten» Der Zürcher Regierungsrat entschuldigt sich offiziell bei jenen Menschen, die bis ins Jahr 1981 zu Unrecht in Anstalten eingewiesen wurden. Der Regierungsrat spricht von einem dunklen Kapitel der Sozialgeschichte. Anlass zu dieser Stellungnahme sind die Pläne des Bundesrates, die Rehabilitierung der «administrativ Versorgten» gesetzlich zu verankern. Bereits im Herbst 2010 leistete der Bund öffentlich Abbitte. «Ich möchte in aller Form um Entschuldigung bitten», sagte die damalige Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf an einem als «moralische Wiedergutmachung» organisierten Gedenkanlass.